schluesselworte

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abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory
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Freitag, 26. Oktober 2012

Gabriele Pflug, wochenverse





Gast auf meinem Blog ist im Oktober Gabriele Pflug.

1956 in Klam/Oberösterreich geboren, lebt und arbeitet die ausgebildete Sozialarbeiterin und Lehrerin seit einigen Jahren wieder in ihrer Heimat.

Eng verbunden mit der Natur und dem Schreiben lebt es sich für mich am tröstlichsten, sagt die Autorin, deren Lyrik und Kurzprosa sich auszeichnet durch das, was man den genauen differenzierten Blick nennen könnte.
Ihre Fähigkeit, daraus Wortbilder entstehen zu lassen, in Sprache umzusetzen, was das Auge sieht und das Herz bewegt, ist bemerkenswert. Es sind Seelenbilder, in die der Leser eintauchen und nach Äquivalenzen im eigenen Inneren suchen kann, es sind Momentaufnahmen, die weit über den Augenblick hinaus weisen.

Es bleibt zu wünschen, dass die Gedichte und Prosa von Gabriele Pflug den Weg in eine breite Öffentlichkeit finden mögen, dass sie aus ihrem Schubladendasein befreit werden- sie haben es verdient.

in meinen gedichten, ich:
eine des schreibens unkundige
vielleicht irre ich richtig

Ich freue mich sehr, dass ich euch, liebe Leserinnen und Leser, in meinem poetischen Haus einen Auszug aus Gabriele Pflugs „Wochenversen“ präsentieren darf.





/c/ monika kafka, 2012











dienstags
schreibe ich briefe
auf tang

mit fingerbreitem rand
für stille und notizen
aus dem schlaf

führen frische spuren
zu deinen buchten
auf wegen dünenleicht
aus tausend und einer nacht
lang geträumter bilder

mit dem salz gefallener sterne
trockne ich die meerfarbige schrift

mein herzsiegel trägt
dein brackiges versprechen




mittwochs
quarrt krähensprache über die schwingen der hügel
schieben wolken vogelbeerrotes versprechen
vom kommen und gehen herznaher gedanken
üben sich ein in mein gedächtnis fallen namen
aus flimmernder zeit, jetzt nur noch rinde
und aus asche steigt geruch von tabak




freitags

geschichtete wolken

ein tropfen schlägt an


querfeldein setzt der regen
geäderte schriftzeichen

wir tragen tische
und bänke ins haus

vom apfel
schäle ich den sommer


sonntags 
schlafen die straßen länger als sonst
brauchen männer 
vom wirtshaus nach hause


biergelb und dampfig
servieren sie ehefrauen
unter aufgespannten gartenschirmen
familienglück einmal die woche
 zwischen sonnig bis heiter
wäre regen eine zumutung



/c/ Gabriele Pflug, 2012
 

Montag, 16. April 2012

ein bild - drei texte

 
René Magritte, Die Liebenden, 1928



 http://www.albertina-artivity.at/werke-detail/items/magritte-die-liebenden.html

 
 

verschleiert durchs leben

enthüllungstanz

im kern

der nackte wahnsinn


diana jahr, 2012 



Als ich sehend war, nahm ich das Braun deiner Augen wahr, das wie Spätsommertage zu schimmern vermochte. Ein reifer Tag, der sich gegen den Abend neigte. Die sanfte Wölbung deiner Lippen glich einer aufgeworfenen Ackerscholle. Abgeerntet, die ihr Innerstes nach außen kehrt.
Wie war dein Haar seidig und fein. Meine Finger verfingen sich in ihren Wellen. Wirbelnd ohne Ende tanztest du vor meinen Füßen, mit einem Lächeln, das mich trug. Über die Unwirtlichkeiten des Tages baute es eine Brücke, die ich klopfenden Herzens beschritt.
Vom Blau beschirmt, umzäunt vom Grün, so lebten wir. In den Nächten, wenn die Mondlampe erlosch, tröstete mich deine Haut.
Erdig atmeten die Nachmittage. An Feuerstellen brieten wir unsere späte Ernte.
Mit der Erinnerung an den Geruch werde ich sterben. Wie ein dunkles Wort wird sie sich zum Schluss auftun.
Meine beginnende Unruhe nistete bereits unter unserem Dach. Immer öfter gerieten die Tage mit dir ins Fadenkreuz der Leere. Keine Farbe konnte sie erhellen. Nur der Schlaf half für kurz.

Jetzt, da der Nebel hüllt, weiß ich um das Leben und seine Lüge von Erlösung.
An meinen Ohren singt Wind. Der ewig jung Bleibende. Bis zum letzten Atemzug wird er mich mit aschefarbigem Flor umfächeln.
Manchmal liegt ein Zittern in der Luft. Das erinnert mich an die voranstürmende Zeit.

An einem ganz bestimmten Tag wird das Gelebte in sich zusammen fallen und bleiben. Geborgen sein im Abschied. Mein einziger Trost.
Nun, da ich erblinde, höre ich dein Herz schlagen. Gleichmäßig und stark. 


Gabriele Pflug, 2012 



 
Vielleicht
 wäre dies die Chance gewesen:

blind zu vertrauen
selbst jenseits des Flusses

dass die Kopfweiden
ausgerottet werden

/diese Hexenbäume
im pfeifenden Wind/

Vielleicht aber
hat es sie auch nie gegeben

und hinter der Hülle
kein Gesicht



 Monika Kafka, 2012



Donnerstag, 15. März 2012

Sonnenlicht

Gast auf meinem Blog ist im März die Autorin und Künstlerin Marlies Blauth.


Marlies Blauth, 1957 in Dortmund geboren, wuchs im Ruhrgebiet auf und studierte Kunstpädagogik, Biologie und Kommunikationsdesign. Seit einigen Jahren schreibt sie vor allem Lyrik, seltener auch Kurzprosatexte; einige Texte sind in Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht worden. Im Dezember 2011 stellte sie den Siegertext bei den Monatsgedichten von Unternehmen Lyrik mit ihrem Gedicht „Nachts“.


Mehr als zwanzig Jahre arbeitete sie als Lehrbeauftragte für druckgrafische Techniken und Grundlagen der Gestaltung; ihre künstlerischen Arbeiten zeigt sie in Ausstellungen an verschiedenen Orten im In- und Ausland, vorwiegend in Galerien, mitunter auch im kirchlichen Bereich.


Seit einigen Jahren lebt und arbeitet sie in Meerbusch bei Düsseldorf.

Ich freue mich sehr, sie hier begrüßen zu dürfen mit einem Bild, das den Frühling atmet und einem Text, der das Leuchten und die Wärme kommender Tage trefflich widerspiegelt.


/c/ Marlies Blauth, Sonnenlicht, Linoldruck mit Malerei




Frühes

fädelt Silberdrähte durch

den Tag


fängt Flügelhäute

im Sonnenflug


zerstäubt Perlmutterschichten

übers Blau




/c/ Marlies Blauth, 2012

Dienstag, 14. Februar 2012

südpfad


Gast auf meinem Blog ist im Februar der Autor Sven Koether.
1967 im Taunus geboren und dort aufgewachsen, lebt er heute nach zahlreichen Reisen am Rande der Eifel.
Sven Koether schreibt Lyrik und Prosa. Manch einer seiner Texte fand bereits den Weg in eine breitere Öffentlichkeit, in Anthologien und Zeitschriften.
Sein Themenspektrum ist weit gefächert, sein Blick auf die Welt zeugt von großem Einfühlungsvermögen, er ist ein Meister der Zwischentöne. Seine Texte sind sowohl sprachgewaltig als auch leise, fast filigran. Und sie polarisieren nicht selten.
„Man kann nicht nur über Schönes schreiben“, sagt der Autor auf seinem Blog, „sonst bestünde die Gefahr, sich das Leben schön zu schreiben“.
Ich freue mich ganz besonders, dass er mir die Erlaubnis gegeben hat, in meinem poetischen Haus ein Gedicht zu präsentieren, das zu meinen absoluten Lieblingstexten zählt und das ich bei einer Lesung in Bochum vortragen durfte: südpfad


/c/ Dieter Vandory, 2012



ich gehe den südpfad                      
auf der suche nach cinderella und bachblüten
um mich zu heilen
vom durst der kindheit
und dem sturz auf die fontanelle
um die dinge zu sammeln
die man vergessen hat
bei der abwicklung erster lebensjahre

da gibt es dieses lied
gepfiffen vom faltenbedruckten mund des großvaters
es liegt dort am weg unter den scherben
der gläsernen stelzen die zerbrechen
jedes mal wenn der pfad sich biegt

oder einige schritte weiter
zwischen dem immergrünen gift der eiben
das lächeln der mutter und
ihre hand die vorsichtig in den korb voll wolle greift
als wäre eine schlange darin

und dort wo man schon den flüssigen horizont erkennt
der sich am ende des weges wie schwarzes wachs aufs land legt
finde ich die stimme eines vaters
und den gedanken
dass ein kuss das bessere ende einer jugend wäre

zur stunde des tanzes taucht der pfad unter
mir weg und ich finde mich wieder
am nächsten tag an dessen beginn
und ich gehe ihn erneut
auf der suche nach  cinderella und
bachblüten


/c/ Sven Koether, 2012



Sonntag, 15. Januar 2012

vanitas

Als ersten Gast im Neuen Jahr begrüße ich auf meinem Blog die Autorin, Fotografin und Malerin
Isabella Kramer http://veredita.blogspot.com/


1957 in der Lüneburger Heide geboren, lebt sie heute in Celle / Niedersachsen.


Von frühester Jugend an dem Wort und den Farben eng verbunden, schreibt sie Lyrik und Kurzprosa, die sie oft mit eigenen Aquarellen oder Fotografien illustriert.


Es ist der Blick auf das Kleine, Unscheinbare, den sie festzuhalten sucht.
"Der Blick, abseits des Weges, die Sicht auf die Kleinigkeit, auf das Detail", ist eines ihrer Anliegen, "weil gerade das, was unbedeutend erscheint oft mit Hoffnung und Wandlung verbunden und damit von großem Wert ist".


Isabella Kramer hat in mehreren Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht und arbeitet derzeit an ihrer ersten eigenen Publikation.





/c/ Isabella Kramer, 2012





am ende deckt das meer
mit weichen tüchern
die letzten reste lebens
tröstend zu


schließt so den kreis
und öffnet ihn ins morgen
fragt nicht nach sinn
sagt einfach nur: es sei





/c/ Isabella Kramer, 2012
  

Samstag, 15. Oktober 2011

Vier Jahreszeiten - von Olivia Quintin

Gast auf meinem Blog ist in diesem Monat die Künstlerin Olivia Quintin.
Ihre große Leidenschaft ist das Aquarell, das sie "magisch" nennt und dessen Zauber für sie im Zusammenfließen der Farben und Formen besteht.
Sie experimentiert mit allen Techniken. Motive/Themen findet ihr aufmerksames Auge in der Natur, ihre bretonische Heimat ist ein schier unerschöpfliches Reservoir dafür. Olivia Qintin präsentiert ihre Arbeiten regelmäßig auf ihrem Blog und immer  häufiger auch bei Ausstellungen. 
Für den hier vorgestellten Zyklus der "Vier Jahreszeiten" hat sie sich zusätzlich von der Musik Vivaldis inspirieren lassen - wie schön es doch wäre, wenn dieses Zusammenspiel der Künste noch um Poesie erweitert werden könnte ...  
Lasst euch inspirieren!


/c/ olivia quintin - printemps


unter den linden
dein gekräuseltes wort


















als aimée erwachte
hatte der himmel ein frisches kleid an-
gezogen von schleierndem weiß
auf  bläulichem grund verlor sich
ihr blick im changierenden muster wie
lang hatte sie wohl ausgeharrt
zwischen verkrusteter erde und
vereister luft im flachen atem
füllte sich jetzt die brust
mit wachsender ahnung von
ihren wurzelfüßen hinauf
ins verzweigte haar trieben
die träume knospen herzförmige
vorboten der süße deines
gekräuselten wortes
das nach heimat schmeckt
der linden

/c/ monika kafka, 2011

/c/ olivia quintin - été



/c/ olivia quintin - automne


du

in der mondschmiege
sprichst mir
brombeeren
zwischen lippen
fließt zu mir
auf sommerwein
der im wort
überwintert

nicht nur
am morgen
schmecke ich

deinen namen


/c/ diana jahr, 2011




/c/ Olivia Quintin - hiver



Donnerstag, 14. Juli 2011

zwischen uns - die doppelklinge /m. zwetajewa/


aneinander im sog

wortflutend
geschliffene silben
treiben speere
unter die haut
klar & tiefrot
schürfen verse
an meinem herzen vorbei
spiegeln deine schärfe
so nah

zwischen klingen – doppeln wir uns

/c/ diana jahr, 2011


Die Autorin Diana Jahr schreibt Lyrik und Prosa.
Veröffentlichungen in diversen Zeitschriften und Anthologien.
Derzeit Arbeit an der Herausgabe einer Lyrikanthologie sowie
ihres ersten eigenen Gedichtbandes.



/c/ foto: dieter vandory



antwortgedicht:

wessen wille
deiner oder meiner
offenbart sich im gedicht?
zwischen uns
die doppelklinge
aus versuchung und verzicht

zweischneidig
nicht nur die verse die lust
am wort verführerisch
getrenntverbunden
durch die schärfe den schmerz
ertragen als gewinn


/c/ monika kafka, 07/11

Donnerstag, 16. Juni 2011

in der langen allee

/c/ foto: heinz kurt rintelen


in der langen allee dauert auch
der regen lang unter den bäumen
hörst du jedes blatt

gestern noch der staubige feldweg
deiner kindheit stehst du heute fest
auf dem nassen asphalt

vorbei ziehen fahrradfahrer
und lassen dich
mit den echsen zurück

im geäst über dir ein krähennest
der traktor auf dem feld
holt die ernte ein

für die kinder bleibt keine zeit mehr
zum spielen


/c/ werner weimar-mazur



dazu ein antwortgedicht:


Nachts

geht die Zeit auf Stelzen
und Schwarzlöchern
entsteigt durchholztes Vergessen

Aufgefaltet
liegen die Jahre die langen
Zöpfe entflochten
und stummen dich an

Kein Mond
keine Sterne

und am Morgen
ein blasses Gesicht

 
/c/ monika kafka, 2011

 



Der Autor Werner Weimar-Mazur schreibt Lyrik und Prosa.
Veröffentlichungen in diversen Literaturzeitschriften und Anthologien.
1995 erschien sein erster Lyrikband "Tauch ein" im Waldkircher Verlag.
Derzeit Arbeit am zweiten Lyrikband und an einem Roman.
www.weimar-mazur.de