schluesselworte

schluesselworte
abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Aus aktuellem Anlass

Die Debatte um Oskar Pastiors Securitate-Akte zieht weitere Kreise. Immer mehr rumäniendeutsche Autoren geraten in einen Sumpf aus Verdächtigungen, Misstrauen und übler Nachrede. Die sog. „Beweise“ für angebliche Spitzeltätigkeiten sind entweder dürftig oder zumindest sehr fragwürdig.

In diese regelrechte Schlammschlacht wurde nun auch der von mir sehr geschätzte Autor und Freund Claus Stephani hineingezogen. Öffentlich angeprangert von führenden rumäniendeutschen Autoren und Literaturwissenschaftlern hat er eine Gegendarstellung verfasst, die heute, 8.12.10 erschienen ist und die ich hier in vollem Umfang wiedergeben möchte, weil ich wie er der Ansicht bin, dass „differenzierteres Denken, Nachdenken und Überdenken gefragt ist, bevor jemand im Schnellverfahren von selbsternannten Richtern öffentlich beurteilt und verurteilt wird.“


8. Dezember 2010
Wer war eigentlich IM „Moga“? – Stellungnahme von Claus Stephani

Zu dem Bericht von Peter Motzan "Ein Bericht des IM 'Moga' und seine Folgen", der mir vorab von der Redaktion zugeschickt wurde, mit der Bitte, dazu in vorgegebener Kürze eine Stellungnahme zu schreiben, will ich mich nun äußern. Es geht auch hier um die Berichte des IM „Moga“ alias Claus Stephani. Wie ich vor knapp 50 Jahren zu diesem Decknamen kam und wann er nicht mehr meiner war, habe ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. November 2010, Seite 35, dargestellt, und dazu stehe ich.

In dem von Motzan zitierten, maschinegeschriebenen „Notă-Raport“ vom 27. Februar 1976, Unterzeichner Major Gheorghe Preoteasa, werden die Namen von drei Redaktionsmitgliedern der Neuen Literatur genannt, die beim Besuch der westdeutschen Publizistin Renate Windisch-Middendorf zugegen waren: Anemone Szász Latzina, Elena Călin und Claus Stephani. Windisch-Middendorf überbrachte ein Buch von A. U. Gabanyi für Peter Motzan. An diesen Besuch kann ich mich vage erinnern, doch ich weiß nicht, wer sich damals gerade nebenan, im Zimmer der beiden Chefredakteure aufhielt, oder wer zeitweilig noch bei uns war, wo – wie in jeder Redaktion – ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Verwunderlich ist, dass IM „Moga“ alias Stephani in seinem Bericht auch Claus Stephani erwähnt – auch wenn man damit beweisen will, dass er zugegen war. Motzan behauptet, oben genannter „Notă-Raport“ soll die Eröffnung des „operativen Vorgangs ‚Mocanu’“ und damit seine persönliche Beschattung verursacht haben. Das aber kann so nicht stimmen.

Mir liegt eine „Notă Sinteză“ vom 18. April 1986 vor, unterzeichnet von Colonel Constantin Banciu, aus der hervorgeht, dass „Motzan Petru“ (sic) bereits seit 1969 unter Beobachtung der Securitate stand, unter anderem weil er – auch privat – Kontakte zu westdeutschen Kollegen am Lehrstuhl pflegte und seine publizistische Arbeit bereits 1978 von Radio Europa Liberă sehr positiv bewertet wurde usw. Im letzten Teil dieser Synthese, betitelt „Măsuri“, d. h. Maßnahmen, wird die verschärfte Beobachtung Motzans angeordnet: durch die Bespitzelung seitens einiger Kollegen, durch das Anbringen spezieller Abhörgeräte („se vor instala mijloace speciale“) in seinem Arbeitsraum an der Universität und in seiner Wohnung, durch geheime Durchsuchungen („percheziţii secrete“) seines Arbeitsplatzes und der Wohnung. Ferner will man weitere Informanten anheuern. Motzan schreibt, dass ihn, 1971-1989, insgesamt 32 IM bespitzelt haben. Außerdem verweist Motzan in seinem Referat auch auf einen kürzlich erschienenen Beitrag von William Totok in der Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Heft 1 und 2/2010. Hier würde Totok „als Erster die Identität des IM ‚Moga’ enthüllen. Es ist, laut Totok, Claus Stephani...“.

Dieser Aufsatz von Totok bezieht sich u. a. auf eine Gedichtmontage der Aktionsgruppe Banat in der Neuen Literatur, Heft 4/1974. Über diese Gedichte hätte „Moga“ alias Stephani in einem Bericht vom 30. September 1974 „in einem bösartigen Rundumschlag, der in gravierenden politischen Denunziationen gipfelte...“, die Texte analysiert, im Besonderen ein Gedicht von Gerhard Ortinau. Totoks Unterstellungen basieren auf einem maschinegeschriebenen, undatierten Text, der keine Unterschrift trägt. Dazu nun Folgendes.

Erstens: Warum sollte ich jene Zeitschrift, wo ich als Redakteur arbeitete, durch eine derartige Analyse so gefährden, dass sie eventuell verboten wird?

Zweitens: Diese Gedichte, wie auch alle anderen Texte, wurden – wie jedem bekannt ist – vor der Veröffentlichung von der Zensur gelesen und dann bewilligt oder zurückgewiesen. So verantwortete primär die Zensur für jeden publizierten Text.

Drittens: Die von mir im Juli desselben Jahres herausgebrachte Anthologie „Befragung heute. Junge deutsche Lyrik in Rumänien“ (Kriterion Verlag, Bukarest, 1974) enthält Gedichte von 24 jungen AutorInnen, darunter auch Gerhard Ortinau, Rolf Bossert, Anton Sterbling, Peter Grosz und Albert Bohn. Das Buch kann in deutschen Bibliotheken ausgeliehen werden. Ich habe gerade in jener Zeit junge Autoren gefördert (z. B. als Leiter des Bukarester Literaturkreises und des Poesie-Clubs). Nun soll also ausgerechnet ich außer den genannten fünf Autoren meiner Anthologie auch andere denunziert haben? Damit hätte ich ja zuerst mir selbst geschadet und das Erscheinen der Anthologie verwirkt. Die negative Bewertung jener Gedichte wurde – wie aus der Akte ersichtlich – von einem IM „Moga“ geliefert. Doch jener IM „Moga“ war nicht ich.

Aufgrund solcher „Beweise“, die nur maschinegeschrieben vorliegen, nun eine medienweite Kampagne loszutreten, ist unverantwortlich.

Claus Stephani

Donnerstag, 2. Dezember 2010

dezembernebel

(c) Foto: Jürgen L. Hemm


dezembernebel
und aufgepeitschter wellenschlag

der kapitän ging über bord
herrenlos schwankt das schiff

was du gesagt hast ja
ich weiß ein leuchtturm
ist irgendwann wieder in sicht

nur dass es so kalt ist mutter
so kalt

und keine hand
auf der fiebrigen stirn


(c) Monika Kafka, 2010

Samstag, 27. November 2010

bitter



(c) Aquarell: Olivia Quintin


und wieder
hätte es sein können

dass unser sehnen
im gleichklang schwingt

stattdessen reichst du mir
den mandelkelch

zur nacht die worte
haben uns beiden

nicht gemundet


(c) Monika Kafka

Montag, 22. November 2010

murnau - eine liebe

(c) Bild: Gerd Messmann


im kleid der frostrosen
erwart ich dich

wenn die nacht ihr eishaar kämmt
stürzen die sterne auf deinen weg

du wirst kommen
genadelten schrittes wirst du

durchschreiten das schwarz
ummantelte gebirg

wenn moorgeister geifern
an deiner seite

sag ihnen ein
das sehnsuchtsbrot

werden wir teilen und weiteres
holz dem feuer geben


(c) Monika Kafka, 11/10

Dienstag, 16. November 2010

LESUNG

„zögernd nur bröckelt der stein“ …
adolf meschendörfer



monika kafka liest lyrik und kurzprosa

an der harfe: hiltrud florescu



mittwoch, 24. november 2010
vereinsheim der siebenbürger sachsen,
am baggerweg 11, 85051 ingolstadt
beginn 19.00 uhr, eintritt frei

Samstag, 6. November 2010

novemberliebe


(c) Foto: Dieter Vandory


novemberliebe, ausgesetzt
im rinnsteinn der zeit

durchklirrt der wind
ihr knochenkleid und kein hund
den das schert

modrige blicke schweifen
darüber hinweg

stummes händereichen
und weitergehn


(c) Monika Kafka

Dienstag, 2. November 2010

am abschiedsgate


(c) Foto: Zakkinen


am abschiedsgate


stürzt mein blick noch einmal
in die tiefe unsers sommers


als worte weich
die sehnsucht schwer
und ausgesetzt jede kontrolle


durchleuchtet das gepäck
noch einmal
das ich jetzt tragen muss
allein durch diesen winter


du winkst
und wünschst mir leise
noch einen guten flug



(c) Monika Kafka, 11/10