Kein Räderwerk.
Keine Ziffern. Und nur ein einziger Zeiger.
Wenn Mutter die
bemalte und lackierte, quadratische Holzplatte aus dem Keller holte und an der
Wand über meinem Bett befestigte, tickte sie mir dennoch die Zeit.
Dann konnte ich
täglich sehen, wie weit Weihnachten noch entfernt war.
Es gab keine
Schokolade, die ich jeden Morgen aus kleinen Vertiefungen hätte holen können
und keine kleinen Spielsachen, die sich in kunstvoll bestickten Säckchen oder verzierten
Holzdöschen versteckten und darauf warteten, entdeckt zu werden. Es gab nur
kleine Abbildungen von Spielsachen,
hin und wieder auch von Tieren in einem Winterwald, zum Nikolaustag natürlich
einen Nikolaus und ein paar versprengte Engel. An den vier Ecken der Adventsuhr
leuchteten Kerzen im Tannengrün – erst eine, dann zwei, dann drei. Und wenn der
Zeiger ganz oben, bei den vieren angekommen war, wusste ich, dass das Warten
ein Ende hatte.
Bis dahin jedoch
galt es, den Zeiger jeden Tag einen Strich weiter zum nächsten Bild zu schieben
und sich dieses auch zu merken, weil es zuweilen geschah, dass er, aus für mich
damals unerklärlichen Gründen, verrutschte. In Wahrheit lockerte sich entweder
seine Befestigung an der Rückseite der Holzplatte oder mein vier Jahre jüngerer
Bruder hatte die Finger im Spiel. So kam es, dass ich sogar mehrmals täglich
nachschaute, ob sich auch nichts verändert hatte. Insgeheim jedoch hoffte ich,
dass vielleicht doch einmal ein Wunder geschehen könnte und das hieß für mich
ganz konkret, dass der Zeiger plötzlich bei den vier Kerzen stehen und Mutter
sagen würde, heute Abend kommt das Christkind.
So sehr ich mir
das damals auch gewünscht haben mag, es ist natürlich nie eingetreten.
Das mit
den Wundern war halt schon immer so eine ganz besondere Sache.
Was aus dieser
Adventsuhr geworden ist, weiß ich nicht. Sie war eines Tages zusammen mit dem
Kind verschwunden. Doch auch heute noch halte ich auf jedem Weihnachtsmarkt
Ausschau nach ihr, aber selbst etwas Ähnliches hab ich bisher nicht wieder gefunden.
/c/ monika kafka, 12/13