schluesselworte

schluesselworte
abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Freitag, 20. Dezember 2013

Serenade - In der Hofkapelle der Residenz/München

  /c/ dieter vandory, verneigung, 2013







Filigrane Tonmuster
im üppigen Ensemble


selbst Engel fliegen leichter
zu diesen irdischen Klängen

und in den Bankreihen knien
Jahrhunderte

das Gebet der Stunde aber
ist die Musik, rot

zwischen unseren Fingern
flackert die Herzkadenz








/c/ monika kafka, 12/13


Montag, 16. Dezember 2013

café im hinterhof

/c/ diana jahr, 12/13








lass uns ein paar lichter
hängen in die traurigen bäume
und vielleicht diesen ton
aus dem gefächerten
kleid des akkordeons
sehr französisch und sehr weit
greift schon die finsternis
ins nackte gesicht der zeit

wir rühren die stunden
zwischen unseren händen
atmen sattwarme früchte
aus südlichen tellern
klappern worte und das lachen
der kellner schmeckt wie die milch
in den dunkelnden tassen
so jung und so hell

das licht fällt schmal
aus dem café im hinterhof
verästelt sich draußen zum diadem

du sagst, komm, lass uns gehen

sieh nur, die bäume
umarmen einander
sterngemantelt ist unser weg





/c/ monika kafka, 12/13




 


Freitag, 13. Dezember 2013

nachschmecken



aus den augen der kartoffel
 
springt es dich an



dass es schon schon so spät ist

im jahr, vorhersehbar



der schnee und das tausendfache

klingelingeling



jetzt bei den schalen liegen

den verzopperten sommertagen

nachschmecken






/c/ monika kafka, 12/13

Sonntag, 8. Dezember 2013

als ob sich etwas sagen ließe








und über die gräber geht
 
der wind im winterkleid

hängen trotzig vereinzelte
 
worte in magerem geäst
 
 
als ob sich etwas sagen ließe –


 da ist nur der gesang
 
der stille um dich
 
und dieser flügelschlag
 
erinnerter zeit






/c/ bild und text: monika kafka, 12/13


Donnerstag, 5. Dezember 2013

Die Adventsuhr


Kein Räderwerk. Keine Ziffern. Und nur ein einziger Zeiger.
Wenn Mutter die bemalte und lackierte, quadratische Holzplatte aus dem Keller holte und an der Wand über meinem Bett befestigte, tickte sie mir dennoch die Zeit.
Dann konnte ich täglich sehen, wie weit Weihnachten noch entfernt war.

Es gab keine Schokolade, die ich jeden Morgen aus kleinen Vertiefungen hätte holen können und keine kleinen Spielsachen, die sich in kunstvoll bestickten Säckchen oder verzierten Holzdöschen versteckten und darauf warteten, entdeckt zu werden. Es gab nur kleine Abbildungen von Spielsachen, hin und wieder auch von Tieren in einem Winterwald, zum Nikolaustag natürlich einen Nikolaus und ein paar versprengte Engel. An den vier Ecken der Adventsuhr leuchteten Kerzen im Tannengrün – erst eine, dann zwei, dann drei. Und wenn der Zeiger ganz oben, bei den vieren angekommen war, wusste ich, dass das Warten ein Ende hatte.

Bis dahin jedoch galt es, den Zeiger jeden Tag einen Strich weiter zum nächsten Bild zu schieben und sich dieses auch zu merken, weil es zuweilen geschah, dass er, aus für mich damals unerklärlichen Gründen, verrutschte. In Wahrheit lockerte sich entweder seine Befestigung an der Rückseite der Holzplatte oder mein vier Jahre jüngerer Bruder hatte die Finger im Spiel. So kam es, dass ich sogar mehrmals täglich nachschaute, ob sich auch nichts verändert hatte. Insgeheim jedoch hoffte ich, dass vielleicht doch einmal ein Wunder geschehen könnte und das hieß für mich ganz konkret, dass der Zeiger plötzlich bei den vier Kerzen stehen und Mutter sagen würde, heute Abend kommt das Christkind.
So sehr ich mir das damals auch gewünscht haben mag, es ist natürlich nie eingetreten.
Das mit den Wundern war halt schon immer so eine ganz besondere Sache.

Was aus dieser Adventsuhr geworden ist, weiß ich nicht. Sie war eines Tages zusammen mit dem Kind verschwunden. Doch auch heute noch halte ich auf jedem Weihnachtsmarkt Ausschau nach ihr, aber selbst etwas Ähnliches hab ich bisher nicht wieder gefunden.



/c/ monika kafka, 12/13