Es hätte das Griesbräu sein sollen am Oberen
Markt. Die Zimmer waren bestellt, die Anreise über München geplant. Drei
Tage im winterlichen Blauen Land, Schlittenfahrt
inklusive. Doch dazu kam es nicht. So wie es davor schon nicht dazu gekommen
war, an keinem anderen Ort, und auch niemals mehr kommen würde. Im getanzten
Ensemble der Jahre, stellte sie plötzlich fest, gab es selten ein Pas de Deux. Bestimmend
war der Contra, die von außen festgelegte Folge. Zwei Schritte vor, einen
zurück und am Ende Warten.
Die Sequenzen wiederholten sich.
Der Tanz wurde dadurch nicht besser. Die Hoffnung aber blieb, im Knochenkleid
bestehen bis zum letzten Paukenschlag.
Sie seufzte. Legte den Blick noch
einmal aufs steinverputzte Antlitz des Hotels, aus dessen buntgeschmückten
Fensterreihen gläsernes Schweigen fiel. Schlenderte schließlich die Marktstraße
hinab, die an diesem Sommertag von Touristen überquoll. Sommerfrischler.
Sie lächelte, als sie sich an dieses
altmodische Wort erinnerte, das Kandinsky noch benutzte, was nicht einer
gewissen Ironie entbehrte. Dass er im Gegensatz zu ihnen bleiben konnte, war
einem Zufall zuzuschreiben. Und dem Geld einer Frau. Bezahlt hatte sie. Selbst
als das helle Blau der Flöte* längst
geborsten war, zahlte sie. Weiter und immer weiter.
Mit gebitterten Stunden aus jahrelangem
Warten. Zwei Schritte vor, einen zurück. Gedemütigt, am Ende. Lächerlich.
Der heiße Tag zog die
Sommerfrischler in die Biergärten und kleinen Cafés. In der Kottmüllerallee war es daher ungewöhnlich
still. Nur das Rauschen der Bäume im leichten Wind legte sich wie ein
Versprechen auf den glühenden Asphalt. Als sie das Tor öffnete, wehte ihr der
Duft des blühenden Gartens entgegen. Sie setzte sich auf die Bank, lehnte den
Rücken ans Russenhaus. In der Ferne waberte
die Luft um den Kirchturm, hell. Das schwarze Band der Berge begrenzte ihren
Blick. Diese Aussicht also hätten sie geteilt, dachte sie.
Sie atmete Zinnoberrot und Blau,
zwei Farben, die sich nicht leicht
mischen lassen. Wenn es aber gelungen ist, so entsteht grau, eine Möglichkeit
zum Übergang, die sozusagen versteinert ist. Ein Symbol der vollständigen Gleichgültigkeit*.
Bald wird es gelungen sein,
flüsterte sie.
* Zitate: Kandinsky/Münter
/c/ bild und text: monika kafka, 2013
meine liebe mo, du weißt, dass ich das sehr gelungen finde. :)
AntwortenLöschennicht nur die dir so eigene lyrische, bildreiche sprache, sondern vor allem auch die verknüpfung von vergangenheit und gegenwart finde ich hier klasse.
spannend ohnehin, diese ganze unsägliche kandinsky/ münter-geschichte. ach ja – vielleicht werde ich murnau ja irgendwann auch mal kennenlernen!
kurzprosa vom feinsten mal wieder, madame – bitte mehr davon!
herzlichst,
deine di
du WIRST murnau kennenlernen, meine liebe, versprochen!
AntwortenLöschenja ja diese unsägliche geschichte zwischen der münter und kandinsky - so oft schon hab ich das thema verwortet und es wird nicht das letzte mal gewesen sein mit dieser kurzporsa.
aber es gibt auch andere aspekte dieser überaus fruchtbaren verbindug zweier künstler - und DIE wartet noch darauf, von mir entdeckt und verwortet zu werden.
nun hat ja das lenbachhaus endlich wieder eröffnet - es wartet - auf uns!
hab dank für deine worte und liebe grüße,
deine mo