schluesselworte

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abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Sonntag, 16. Januar 2011

Wiener Notizen

(c) Thom Kafka


Der Sommer schmeckt nach Heidelbeereis.
Im dürstenden Gras zu Füßen der Gloriette malen wir Wolken in den weitgespannten Himmel. Es tropft. Das Schmelzende in unseren Händen, die Süße kühlt die heißen Lippen nicht.
Heraufwabert von fern die Stadt. Dunstiger Atem schwappt aus den Mündern der Touristen, die auf der Jagd nach Sisiträumen doch immer nur sich selbst begegnen. Unermüdlich, selbst zur Mittagszeit, drehn sie ihre Fiakerrunden.

Am Schönbrunner Gelb bricht sich die Sonne einen Zacken aus. Nimmt es gelassen hin. Schon viel zu lang im Bund mit all den toten, hoch gekrönten Häuptern weiß sie längst, wem sie gebührt, die Ehre. Auch heute noch. Und über glänzend weißen Kies legt sie ihr müdes Lächeln.

Später erschlurfen wir die Innenstadt. Aus durchgeknetetem Asphalt drängt sich hervor, was die Jahrhunderte zuvor hineingetreten. Es stinkt nach blauem Blut und nach Verrat, nach Pest und Heiligkeit. Dem ganzen Pferdemist in einer goldnen Türkenkugel. Die Zeiten gehen Hand in Hand. Wie du und ich, stets brav entlang des Grabens. Ein jeder ist nicht Augustin. Nur unser Lachen tanzt voraus, im Walzertakt, als hätt es kein Zuhaus.

Zuhaus ... Es ist mir nah, wie nie zuvor. Und weht mich an in all den Worten, die ich so lang schon abgelegt. Durchzieht die Gassen, hutscht über Stiegen. Mit jedem einzelnen erhasch ich einen Rest meines faschierten Siebenbürgen.

Fleischerei und Putzerei, Sodawasser und die Jause, Mistkübel und Kruzitürkn, Jesses na, verankert bleibt die Uhr, ist die Zeit auch abgelaufen.
Karfiol, Fisolen, Paradeiser. Marillen, gnä´ Frau, wollen`s net kosten? Und abends lege ich den müden Kopf aufs federleichte Polster. Im Kasten schwitzt das Nachtgewand zusammen mit den Leiberln.
An Schlaf ist nicht zu denken. Der Tag kühlt niemals aus in diesem ersten unsrer Sommer, die Kapuzinergruft hat längst geschlossen und wir, wir sind so voller Leben.

Januarmorgen. Jahre später.
Kaltgepreßte Luft hängt in den schwarzen Bäumen. Neptuns Brunnen schweigt im Schnee. Hinter der dünnen Nebelwand ist die Gloriette kaum zu erahnen. Die Wege sind vereist. Darunter festgefroren glänzt der Kies.
Von deiner sicheren Hand geleitet, geh ich mit festem Schritt drüber hinweg ...
(c) Monika Kafka, 2011

3 Kommentare:

  1. ...so vieles lebt bei uns vom schein, durchschaut bleibt uns das graue...zum g'miadlich sei, die melancholie.

    a heazlichs servas aus wean
    walter
    :-)

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  2. Wien, Wien, nur du allein,
    sollst stets die Stadt meiner Träume sein ...
    -Tja, Klischee´s gibt´s zu allen Belangen,
    wir sind von Traditionen und Normen befangen.

    Und wer nach der Seele einer Sache sucht,
    der hat schon mal voll Ungeduld geflucht.
    Anders der, welcher sensibel seine Antennen streckt:
    Der hat durch Geduld und in Ruhe so manches entdeckt.

    So meine ich: laßt eure Sinne in der Umwelt schweifen,
    und nur der Ungeduldige wird´s kaum begreifen:
    Wieviel Zeit braucht ein Apfel, um zu reifen? ...
    Und wer kommt in seiner Lebensreifung weit?
    Wer lebt in Ruhe, Geduld und heiterer Gelassenheit.

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  3. hach, ihr beiden weaner - habt lieben dank fürs lesen meiner notizen und für eure zeilen!

    Pfia God beinand aus minga,
    monika

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