schluesselworte

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abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Freitag, 6. Januar 2012

Traum_Wanderung


/c/ Dieter Vandory, Verschlungene Wege, 2012









Nachts mache ich mich manchmal auf den Weg.
Im Schutz der Dunkelheit suche ich nach etwas, was es nicht mehr gibt.
Ich werde also niemals ankommen, aber das ist ganz gut so.
Ich kann niemals enttäuscht werden. Laufe keine Gefahr, als Fremde vor einem fremd gewordenen Ort zu stehen. Als eine, die aus der Zeit und der Szene gefallen ist.

Ich gehe langsam. Lausche, rieche, schmecke.

Im Winter den brandigen Geruch von Holzfeuer über schneebedeckten Tannen. Das tiefe Stöhnen des Waldes. Den verirrten Flügelschlag eines Vogels. Und ich sehe einen Himmel, der es aufgegeben hat, seine Sterne zu zählen. Ich verliere mich regelmäßig darin.
Meine Beine werden seltsam schwer und ich versinke, bevor ich das Dorf erreichen kann.

Im Sommer aber, wenn der Wald die warmen Tage ausatmet und der Boden den Schritt federt, kann es gelingen. Dann sehe ich das Kind auf dem altmodischen ausgeklappten Sessel wieder. Durchs geöffnete Fenster rauscht der Maulbeerbaum den Sonnentag in die kleine Stube. Greift mit seinen Armen nach dem krank daliegenden, als wolle er es hinaus ziehen. Zu den gackernden Hühnern und schnatternden Enten. Zu den Blumen und dem frechen Jakob, den Großmutter durch den Winter gebracht hatte. Sein Flügel war verheilt und bald würde er wieder zu den anderen Raben zurückkehren. Solang Großmutter noch mit ihm schimpft und danach unbekümmert ihre Lieder in der Küche singt, weiß das Kind, dass die Welt in Ordnung ist. Trotz Ziegenpeter und Kamillentee.
Ihre Stimme legt sich samtig um den schmerzenden Hals, glättet die rissigen Wunden, und aus dem Märchenbuch steigen später die Feen und Zwerge herauf und nehmen das Kind mit in ihr Reich.

Und dann kommt Mutter. Mit ihren Gesundmachhänden, die sie unter der Woche anderen Kranken leiht, schiebt sie die Fieberträume wie einen Vorhang zur Seite. Sie perlen von der heißen Stirn und der kühlende Atem vertreibt jeden Schmerz.

Nachts mache ich mich manchmal auf den Weg.
Heut ist es wieder soweit.
Ob Mutters Hände mich ein Mal mehr heilen können?



/c/ Monika Kafka, 01/12


10 Kommentare:

  1. ich wünschte, ich könnte auf so eine kindheit zurück blicken!

    denn dann können mutters hände mit sicherheit auch in der gegenwart noch heilen ... egal wo sie ist ... egal was es ist ...

    ganz lieben gruß
    von der lintschi

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  2. Mal wieder bemerkenswert schön - Dein Weg in die Vergangenheit. Ein Weg in die Erinnerung.
    Eine Reise ins Damals. Und zu einer Frage ins Jetzt.
    Ich folge Deinem Weg gerne, denn Du entführst mich mit einer Leichtigkeit in eine Zeit, in der die Weichen schon gestellt waren, das Ziel der Reise aber unbestimmt war...

    lg d.

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  3. welche wundersame kraft du über worte hast, ganz so wie die hände der mutter in deiner erzählung. schmeichelnd, tröstend, entführend in andere welten, farbig, poetisch - absolut magisch!

    ganz innige grüße
    isabella

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  4. Liebe Monika,
    dieses Fenster, durch das Du im Traum zurückblickst auf Deine Kindheit, sagt alles aus über Deine Kindheit und darüber, was Dir heute Kraft gibt.
    Mir geht es genau so.
    Halt diese Erinnerung immer fest - dann wirst Du nie den Boden unter den Füssen verlieren.
    Danke für diesen wunderbaren Text!
    Maya

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  5. was für ein schöner text, liebe mo!

    voller wahrheit.

    lg
    e.

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  6. ein wunderbarer text, der mich zurückversetzt in die magische welt der kindheit
    herzlichst deine ellix

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  7. liebe lintschi,

    ja ich hatte das glück einer wunderbaren kindheit und ich bin mir bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist. es war und ist für immer ein geschenk, mit dem ich dankbar und verantwortungsbeusst umzugehen mich bemühe.
    danke dir!

    monika

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  8. mein lieber td,

    du weißt mit sicherheit, wovon ich spreche!

    hab dank, auch - ein mal mehr - für das tolle bild dazu!

    deine schwester

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  9. liebe isabella,

    wie schön, dass dich meine zeilen erreichen!

    ich danke dir für deine worte, du treue freundin!

    liebe grüße,
    mo

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  10. liebe maya, elsa und ellix,

    ich danke euch so sehr für eure worte!

    bitte seid nicht böse, dass ich euch gemeinsam antworte, aber ich habe heute schwierigkeiten, auf meinem blog zu posten, ich weiß nicht, was los ist.

    eure worte haben mich sehr gefreut!

    liebe grüße,
    eure MOnika

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