schluesselworte

schluesselworte
abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Sonntag, 13. Mai 2012

erwachen

/c/ dieter vandory, 2012





wie sich die landschaft weitet
darin dein auge
nachtentkleidet talwärts rinnt

sich verschwendend an den morgen
der taubenetzt noch
zwischen dunklen schenkeln liegt

ein junger wind
fährt keck hindurch, steigt auf
zu gipfeln, lichtumspielt

liegt grün in seinem klang
die wiese und
ihre maihaut zittert



/c/ monika kafka, 05/12

Mittwoch, 9. Mai 2012

Evelyne Weissenbach, Flossenbürg 2011





„Ihr nach-denken“, schrieb Christa Wolf in ihrem Roman „Nachdenken über Christa T.“
Dem Denken wurde und wird immer noch viel, zu viel Bedeutung eingeräumt, wobei der Mensch als denkendes Wesen sich dabei nicht selten als tierischer als jede Kreatur, die ja gerade nicht denkt, entpuppt. Den umgekehrten Weg zu gehen und sich auf diese Weise einem so schwierigen Kapitel der Geschichte anzunähern, erscheint vielleicht auf den ersten Blick illusorisch. Oder einfach. Zu einfach. Dabei ist es gerade das Nach-Fühlen, das möglicherweise zu einem anderen Denken, Nachdenken führen kann.

In einem Spür-Bericht offen zu legen, welche Fährte aufgegriffen werden könnte, um aus dem Grauen und Entsetzen der NS-Zeit heraus zu treten, mit einem neuen Bewusstsein, einem, das nichts leugnet, nichts verdrängt von den Schrecknissen jener Zeit sondern mit einem, in dem das Gefühl, die Emotion integriert wird, um aus den Opfern wieder Menschen entstehen zu lassen- das ist Evelyne Weissenbach in ihrem Spürbericht über das Konzentrationslager Flossenbürg auf eindringliche und ausdrucksstarke Weise gelungen.
Sich einfühlen in diese Menschen, die dort gelebt und gelitten haben, die dort ihr Leben lassen mussten, weil denkende Menschen es so wollten.

Das Büchlein ist Bericht und Beschreibung gleichermaßen.
Evelyne Weissenbach schildert zum einen den Rundgang durch die Anlage von Flossenbürg, die Gedenkstätte, was sich beinah wie ein Reiseführer liest: konkrete Angaben, Details in sachlicher Sprache, angereichert durch Fotos.
Zum anderen wird der Bericht jedoch immer wieder aufgebrochen durch die Beschreibung von Seelenzuständen, in die die Autorin bei ihrem Rundgang gestürzt wird. Diese Zerrissenheit, dieses ständige Ringen darum, das Denken außen vor zu lassen, sich den wechselnden inneren Emotionen zu stellen, die ihr schier die Luft zum Atmen nehmen, wird auch durch eine in diesen Passagen äußerst poetische Sprache deutlich gemacht.

Ein ergreifendes Buch und ein tröstendes, wenn der Leser bereit ist, sich auf diesen Weg einzulassen.


Evelyne Weissenbach
Flossenbürg 2011

hs-LiteraturVerlag 2011
978-3951-99072-9

Sonntag, 6. Mai 2012

la luna


/c/ dieter vandory, lichtbarke, 2012




legst mir dein schwellendes
licht um die schultern
streichst gold auf meine haut
brichst alternde wünsche
im ewigen spiegel
von lust und begehren auf

dich kann ich setzen
in solchen nächten ist alles
erlaubt und nichts tabu-
verirrt deckt meine hand
deine augen und mehr noch
dein wissendes lächeln zu




/c/ monika kafka, 05/12

Samstag, 5. Mai 2012

in memoriam, 05/05/1934

hella kiss, 2012





deine stimme schwebt
engelsgleich im frühlingswind
maiglöckchenklang





/c/ monika kafka, 05/05/12

Mittwoch, 2. Mai 2012

hautgeheimnis






deine hand
streift unbekannte saiten, fremd
klingen die töne mir

deine partitur durchblätternd
lächle ich die fehlenden
noten aufs erblassende papier

was für ein pas de deux



/c/ bild und text: monika kafka, 05/12

Montag, 30. April 2012

Claus Stephani, Vor dem letzten Augenblick







„Am Anfang war das Wort, doch am Ende wird die Lüge sein, und die Lüge wird sein wie das Wort, in einem Gewand aus falschem Leinen, und man wird ihr glauben und meinen, sie ist das Wort“, sagte Rabbi Schmuel von Oberwischau vor gut zweihundert Jahren.

Was aber hat es auf sich mit den Worten, diesen seltsamen Gebilden, die uns umso mehr abhandenkommen, je verzweifelter wir sie suchen? Die sich einmal scheu und zerbrechlich geben wie ein junges Mädchen vor der ersten Blüte, ein andermal sich zieren und umworben werden wollen wie eine alternde Diva. Vielleicht stimmt beides und auch wieder nicht, vielleicht muss man sie einfach im Stillen reifen lassen, bevor sie uns ihre volle Süße offenbaren so wie ein später Sommertag.
Und wenn es dann auch noch gelingt, die sieben Tore zur Erinnerung zu durchschreiten, wird man sie finden, die Worte, mit denen sich Geschichten erzählen lassen, anrührend und zärtlich, poetisch und wahr_haftig, weil sie weit entfernt von einem Ende sind.
Das ist Claus Stephani  in seinen „Erzählungen aus verschwiegenen Zeiten“, so der Untertitel seiner neuesten Publikation „Vor dem letzten Augenblick“, auf wunderbare Weise gelungen.

Drei Erzählungen sind es, die als Vorgriff auf ein umfangreicheres Buch bei Hans Boldt als „Winsener Heft 35“ erschienen sind.
In ihrem Mittelpunkt steht jeweils eine andere Frau: 
Judith, „das Geschenk eines zärtlichen Sommers“, Anna, die gebildete Französischlehrerin und schließlich Joana, die Frau ohne Nachnamen, vom liebenden Adam, der in Wahrheit ebenfalls einen anderen Namen hat, Apfelblüte genannt. Das Verbindende dieser Begegnungen aber, die das Erzähler-Ich geprägt und sein Heranreifen zum Mann auf unterschiedliche Weise begleitet haben, ist die Sprache. 

Vom Nicht-Sagen-Können, weil die Worte fehlten oder unbeholfen waren, über ihren Missbrauch in einem totalitären Regime, dem Schwanken zwischen einer Mutter- und einer Vatersprache und dem Schweigen, das unweigerlich zum Verschweigen führt, spannt sich der Bogen, geografisch eingebettet unter den teilnahmslosen Augen der Corona, jener Stadt im fernen Siebenbürgen, die schon zu viel gesehen hat, um sich darüber noch zu wundern.

Bildreich und unaufdringlich erzählt Claus Stephani selbst von unangenehmen Wahrheiten, von einem Regime, dessen medusenähnliche Tentakel heute noch Gift verspritzen, auch wenn sie in Aktenordnern eingesperrt scheinen. Der Teufel, der Sched, spielt weiterhin seine Geige. Wenn es auch immer wieder eine neue Melodie ist.

Angereichert sind die Texte mit Worten der Alten und Weisen aus einer untergegangenen Welt voller Mythen und Zauber, einer Welt, die dem Ethnologen Dr. Claus Stephani bestens vertraut ist.

„Diese Erzählungen habe ich hervorgeholt, um sie zu verschenken. An jeden, der sie hören will.“

Mögen sie ein breites Publikum erreichen.


Kursiv gesetzte Zeilen sind Zitate aus:

Claus Stephani
Vor dem letzten Augenblick
Winsen/Luhe, 2012
978-3-928788-74-8


Im Literaturverlag Hans Boldt erschien ferner:


Claus Stephani
Stunde der Wahrheit
Erzählungen
Winsen/Luhe, 2007
978-3-928788-61-8






Freitag, 27. April 2012

von jahren und zeiten




für ej



als ich damals zu dir kam
die hände voller dunkel
hast du hinein gepflanzt
den rosenstock
mitten im splitternden winter

als ich im frühjahr wieder kam
die finger voller knospen
hast du mich ausgelacht, gesagt   
sie würden eh verdornen

ich fand dich wieder, spät
im herbst nun wuchs die nacht
aus deinen händen-
letzte blüten gab ich dir
 trag einen rosenstein seither 


/c/ bild und text: monika kafka, 04/12