Es hört und hört nicht auf!
Obwohl das Landgericht München erste Schritte unternommen hat, gehen die Verdächtigungen und medienwirksam inszenierten Kampagnen gegen Claus Stephani weiter.
Im folgenden gebe ich hier eine weitere Stellungnahme wieder.
Weder die Neue Zürcher Zeitung noch die Siebenbürgische Zeitung wollten diese Entgegnung Stephanis abdrucken.
Der Leser möge sich sein eigenes Urteil bilden.
Wer war eigentlich IM „Marin“?Eine Stellungnahme zu einer neuen „Enttarnung“
In der letzten Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung vom 20. Februar 2011 wurde verkündet: „IM ‚Marin’ als Claus Stephani identifiziert“.
Link zum TextDiese Nachricht stützt sich auf eine briefliche Mitteilung von Dr. Dragoş Petrescu, Vorsitzender der C.N.S.A.S., an Richard Wagner, veröffentlicht im „blogspot“ der „Halbjahresschrift“:
Link zum TextDiesem Brief sind dann von der Redaktion der hjs-online verschiedene Dokumente ungeklärter Provenienz beigefügt, die laut C.N.S.A.S., aus einem allgemeinen „Fond documentar“ (Aktenfundus) stammen. Der Leser würde sich suggestiv dann schon einen Reim auf das so Kolportierte machen.
Auf dieselbe Quelle stützt sich auch die Neue Zürcher Zeitung vom 9. Februar 2011, die der Verfasser des oben erwähnten Kurzberichts in der Siebenbürgische Zeitung indirekt zitiert.
Da ich meine Akte aus der Zeit von 1969-1990 immer noch nicht kenne, kann ich auch nicht wissen, woher der mir zugeschriebene IM-Name „Marin“ kommt. Ich weiß aber, dass ich niemals eine sogenannte Verpflichtungserklärung („angajament“) als „Marin“ unterschrieben habe. Dieser „Marin“ bin ich nicht – was immer man auch als angebliche „Beweise“ vorzubringen versucht.
Auf meine Anfrage an die C.N.S.A.S., wieso das Kollegium zu dieser Erkenntnis kommen konnte, wurde mir mitgeteilt, dass sich die Unterlagen dazu in einem sogenannten „Fond documentar“ (Aktenfundus) befinden würden. Weiter heißt es in diesem Brief, dass sie nicht aus meiner Akte 1969-1990 stammen. Denn diese wurde immer noch nicht aufgefunden.
In demselben Aktenfundus befindet sich auch die angebliche „Quittung“, mit der Richard Wagner (Berlin) in den Medien hausieren ging, um mich als „IM ‚Moga’“ und angeblichen Geldempfänger der Securitate an den medialen Pranger zu stellen. Es ist ein Pool ungeklärter Akten („Dosar problemă“), die sich auf die deutsche Minderheit in Rumänien beziehen – wie mir Dr. Virgiliu-Leon Ţărău, Vizepräsident der C.N.S.A.S.-Behörde, brieflich mitteilte.
Die erwähnte, von Wagner beim Landgericht München 1 vorglegte angebliche „Quittung“ erwies sich dann im Verfahren vom 17.01.2011 als ein Falschdokument. Richard Wagner wurde verurteilt und muss die vorläufigen Konsequenzen seiner Verleumdung gegen mich tragen.
Als die Kampagne gegen mich losgetreten wurde – zuerst von William Totok, danach von Dieter Schlesak und Prof. h.c. Dr. Peter Motzan – habe ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. Februar 2010, Seite 35, in meinem Bericht „Schwester Lüge – Bruder Schmerz“ offen gelegt, wie ich am 30. Mai 1961 von der Securitate „angeworben“ wurde. Nach Verhaftung, Verhör und Androhung mit Dunkelarrest, wurde ich gezwungen, eine sogenannte Verpflichtungserklärung („angajament“) zu schreiben.
LinkAuch heute, nach knapp 50 Jahren, kann ich sagen, dass ich damals dadurch niemandem geschadet habe. Wegen meiner Verweigerung, als IM mitzumachen, wurde ich – nach verschiedenen Erpressungsversuchen – im 2. Studienjahr 1961/62 von der Universität, wo ich damals Germanistik studierte, exmatrikuliert. Bereits am 15. November 1962, hatte ich die Verbindung zu den Sicherheitsorganen unterbrochen („a întrerupt legătura cu organele noastre“), wie es im „Raport“ heißt. Und danach, am 12. September 1963, wurde ich von der Securitate wegen “Unaufrichtigkeit, Verweigerung und wiederholtem Nicht-Erscheinen zu festgelegten Treffen entlassen“. Im rumänischen „Raport“ heißt es „abandonat“.
Das alles ist in meiner Akte 1961-1968/69 nachlesbar, die vor mir Prof. h.c. Dr. Stefan Sienerth, Direktor des Instituts für Kultur und Geschichte Südosteuropas, und William Totok eingesehen haben. Und dieselben bei der C.N.S.A.S. akkreditierten Forscher haben in eben dieser Akte aus den 1960er Jahren auch lesen können, dass mich die Securitate nach meiner Absage und Verweigerung zur Mitarbeit – auf eine Anzeige hin – jahrelang als angeblichen „westdeutschen Spion“ überwacht und bespitzelt hat. Und nicht nur mich sondern auch alle meine damaligen Freunde und Bekannten. Meine Eltern und meinen Bruder in Kronstadt. Sogar Mädchen, die ich zufällig kennen lernte. Es wurden Telefongespräche abgehört und protokolliert, Informationen über mich eingeholt u.a.m. Und was dabei der eine oder andere Bukarester Hochschullehrer, Berufskollege oder Redaktionschef so über mich gesagt haben soll – all das steht auch in meiner Akte 1961-1968/69, für jeden akkreditierten Forscher nachlesbar. Auf Spionage aber stand damals die Todesstrafe oder bestenfalls lebenslanges Gefängnis.
Im „Observator Cultural“ (Bukarest) stellte vor einiger Zeit Ana-Maria Pop Fragen an selbsternannte Richter und verbale Henker, als eine Meute der sensationsgeilen Journaille über den verstorbenen Schriftsteller Adrian Marino herfiel:
Wurde das Leben einer bestimmten Person konkret geschädigt?
Ist jemand dadurch sogar ins Gefängnis gekommen?
Und warum melden sich nicht die angeblichen Opfer dieses angeblichen Informanten, um ernstzunehmende Fakten und glaubwürdige Beweise ihres Leidens offen vorzulegen?
LinkBisher dominieren Pauschalurteile und allgemeine Behauptungen, manchmal auch aus zweiter oder dritter Hand. Oder einfach Unterstellungen, wo man meint, man müsse sie nicht belegen, weil sie sich verselbständigen und dann auch so geglaubt werden. Dazu stellt Markus Bauer in der NZZ vom 09. Februar 2011 fest, dass diese sogenannte „Aufarbeitung häufig äusserst willkürlich und an bereits in Rumänien existierenden Freundes- und Feindeslinien entlang verläuft“.
Link zum TextDaher abschließend noch einige Fragen, auch wenn man mir jetzt unterstellt, ich wolle ablenken.
Hat sich einer der „Aufklärer“ bisher herangewagt an die eigentlichen Galionsfiguren jener Jahre der Diktatur? An die Vertreter der parteielitären deutschen Nomenklatur Rumäniens oder an die hochgestellten Offiziere bei Miliz und Securitate, wie z.B. Milizgeneral Steskal in Reschitz/Reşiţa oder Securitategeneral Schnellbach in Temeswar/Timişoara? Und wer war z.B. der Oberst Wagner, dem IM „Karl Fischer“ Anfang der 1960er Jahre über mich berichtet hat? Und die vielen Anderen aus der roten Prominenz?
Vor allem solche Fragen muss man stellen.
„Peştele la cap se împute” (Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken), heißt es auf rumänisch. Warum fasst niemand im Zuge dieser hektischen und medienwirksam lancierten Aufklärungskampagne nach den „Köpfen“ jener ganz „dicken Fische“? Wer hält immer noch schützend seine Hand über diesen trüben, roten Tümpel der Vergangenheit?
Claus Stephani